Andrea zur Nieden: Zum Subjekt der Gene werden. Subjektivierungsweisen im Zeichen der Genetisierung von Brustkrebs
Nicht zuletzt die Debatte um Angelina Jolie im Frühjahr 2013 zeigte: Die medizinische Erforschung genetischer Krankheitsursachen verspricht heute individuelles Risikomanagement. Jede und jeder könne sich durch Gentests über eigene Dispositionen informieren und ein entsprechendes präventives Gesundheitshandeln entwickeln.
Andrea zur Nieden problematisiert diese Entwicklung. Ihre Analyse medizinischer Praktiken und Diskurse um Brustkrebsgene wird ergänzt durch Interviews mit betroffenen Frauen, denen sich ein fragwürdiges Handlungsspektrum bis hin zur prophylaktischen Entfernung von Brust und Eierstöcken eröffnet. In der Studie werden Theoreme Adornos und Foucaults mit qualitativen Forschungsansätzen vermittelt, um so gesellschaftliche Phänomene in individuellen Äußerungen aufzuspüren.
Andrea zur Nieden problematisiert diese Entwicklung. Ihre Analyse medizinischer Praktiken und Diskurse um Brustkrebsgene wird ergänzt durch Interviews mit betroffenen Frauen, denen sich ein fragwürdiges Handlungsspektrum bis hin zur prophylaktischen Entfernung von Brust und Eierstöcken eröffnet. In der Studie werden Theoreme Adornos und Foucaults mit qualitativen Forschungsansätzen vermittelt, um so gesellschaftliche Phänomene in individuellen Äußerungen aufzuspüren.
Leseprobe
Autor*in / Hrsg.: | Andrea zur Nieden |
Weitere Informationen: | Reihe KörperKulturen Umfang: 284 S. Einband: Kartoniert Format: 1.9 x 22.6 x 14.8 Gewicht: 454 g Erscheinungsdatum: 15.08.2013 ~ LESEPROBE ~ |
Interview mit Andrea zur Nieden:
1. »Bücher, die die Welt nicht braucht.« Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?
Dass die genetische Diagnostik von Brustkrebs und ihre Folgen für das Präventionsverhalten von Frauen hochbrisant sind, wurde z.B. durch die spektakuläre Bekanntgabe von Angelina Jolie im Frühjahr 2013 deutlich, sich aufgrund eines 'falschen' Brustkrebsgens prophylaktisch beide Brüste entfernen zu lassen. Die anschließende heftige Mediendebatte zeigte, wie wenig diese längst auch in Deutschland übliche Form der 'Prävention' unter dem genetischen Damoklesschwert bisher problematisiert wurde.
2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Das Buch versucht - für die heutige Soziologie unüblich - die beobachteten Phänomene in den gesellschaftstheoretischen Horizont nicht nur einer Biopolitik im Sinne Foucaults, sondern auch einer 'Dialektik der Aufklärung' nach Horkheimer/Adorno zu stellen. Dafür mussten vorliegende qualitative Forschungsmethoden um diese kritische Dimension erweitert werden. So konnten die Subjektivierungsprozesse in ihren Widersprüchen und jenseits eines reinen Produktes von Diskursen erfasst werden.
3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Die 'Science and Technology Studies', zunehmend aber auch die hiesige Wissenschaftsforschung und Medizinsoziologie, analysieren aktuelle biomedizinische Diskurse sowie die Frage, wie man sich darin subjektiviert. Einige Studien haben sich bereits auch mit dem Beispiel der prädiktiven Brustkrebsgentests beschäftigt. Häufig bleibt dabei aber der jeweils angenommene Begriff von Gesellschaft undeutlich und unreflektiert.
4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Das Buch versteht sich als kritischer Diskussionsbeitrag zu soziologischen Analysen im Feld der medizinischen Genetik. Ich möchte darüber hinaus aber auch das Interesse von Personen, denen die Perspektive der frühen kritischen Theorie wichtig ist, an gegenwärtigen Entwicklungen des Verhältnisses von Körper und Subjekt wecken.
5. Ihr Buch in einem Satz:
Es geht darum, was passiert, wenn Frauen aufgrund bestimmter genetischer Befunde als Risikopersonen für Brustkrebs angesprochen werden, also ob und wie sie zum 'Subjekt' ihrer Gene werden.
Dass die genetische Diagnostik von Brustkrebs und ihre Folgen für das Präventionsverhalten von Frauen hochbrisant sind, wurde z.B. durch die spektakuläre Bekanntgabe von Angelina Jolie im Frühjahr 2013 deutlich, sich aufgrund eines 'falschen' Brustkrebsgens prophylaktisch beide Brüste entfernen zu lassen. Die anschließende heftige Mediendebatte zeigte, wie wenig diese längst auch in Deutschland übliche Form der 'Prävention' unter dem genetischen Damoklesschwert bisher problematisiert wurde.
2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Das Buch versucht - für die heutige Soziologie unüblich - die beobachteten Phänomene in den gesellschaftstheoretischen Horizont nicht nur einer Biopolitik im Sinne Foucaults, sondern auch einer 'Dialektik der Aufklärung' nach Horkheimer/Adorno zu stellen. Dafür mussten vorliegende qualitative Forschungsmethoden um diese kritische Dimension erweitert werden. So konnten die Subjektivierungsprozesse in ihren Widersprüchen und jenseits eines reinen Produktes von Diskursen erfasst werden.
3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Die 'Science and Technology Studies', zunehmend aber auch die hiesige Wissenschaftsforschung und Medizinsoziologie, analysieren aktuelle biomedizinische Diskurse sowie die Frage, wie man sich darin subjektiviert. Einige Studien haben sich bereits auch mit dem Beispiel der prädiktiven Brustkrebsgentests beschäftigt. Häufig bleibt dabei aber der jeweils angenommene Begriff von Gesellschaft undeutlich und unreflektiert.
4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Das Buch versteht sich als kritischer Diskussionsbeitrag zu soziologischen Analysen im Feld der medizinischen Genetik. Ich möchte darüber hinaus aber auch das Interesse von Personen, denen die Perspektive der frühen kritischen Theorie wichtig ist, an gegenwärtigen Entwicklungen des Verhältnisses von Körper und Subjekt wecken.
5. Ihr Buch in einem Satz:
Es geht darum, was passiert, wenn Frauen aufgrund bestimmter genetischer Befunde als Risikopersonen für Brustkrebs angesprochen werden, also ob und wie sie zum 'Subjekt' ihrer Gene werden.