Frauen sind definitiv in der Arbeitswelt angekommen. Sie haben scheinbar den weiten Weg der Emanzipation von familiären Zwängen und dem Patriarchat gemacht und ihre Rechte auf eine geschlechtergerechte Gesellschaft verwirklicht. Und bis auf durchgängige Lohnunterschiede, die aber doch stets und ständig problematisiert werden, ist doch alles in Butter, oder?
Weit gefehlt! Allein die Tatsache, dass für gleiche Arbeit an Frauen weniger Lohn gezahlt wird, ist ein Skandal. Wird aber nicht als solcher behandelt. Und das gängige Familienmodell sieht immer noch die Mutter in der Hauptrolle, mittlerweile mit der zusätzlichen Belastung der Berufstätigkeit, in die schwer wieder hineinzukommen ist, wenn eine Erziehungspause eingelegt wurde. Und ständig hören wir von Diskriminierung am Arbeitsplatz oder sonst wo, Sexismen können immer noch und immer wieder ungestraft reproduziert werden und in vielerlei Hierarchien, die leider bestehen, sind immer noch die Männer ganz vorne. Und wo ist da jetzt die Geschlechtergerechtigkeit? Es wirkt vielmehr, als habe der antifeministische backlash sein Ziel erreicht.
Diese Erklärung reicht Angela McRobbie bei weitem nicht aus. In Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes geht sie nicht von einer bloßen Rückdrängung feministischer Werte und Errungenschaften aus, sondern von einem Erstarken des Pseudo- oder Postfeminismus, in dem abgeflachte, feministische Werte stark nach neoliberalen Grundsätzen modifiziert werden. Dies macht sie nicht an einem bloßen Aufleben konservativer Geschlechtermodelle fest, sondern sieht eine neue Macht der Geschlechternorm verwirklicht. Frauen haben auf dem globalen Konsummarkt und in der Arbeitswelt einen wichtigen Platz eingenommen. Dementsprechend sollen sie in Politik, Wirtschaft und auf dem Markt als Leistungsträgerinnen und Konsumentinnen erreicht werden. Frauen ?sind die privilegierten Subjekte des sozialen Wandels. Zu den Bedingungen dieser hohen Erwartungen seitens der Regierungen gehört jedoch, dass junge Frauen auf feministische Politik verzichten.? (S. 37)
McRobbies Analyse des Postfeminismus beschäftigt sich vornehmlich mit den Machtwirkungen, die der neue Geschlechtervertrag in Zeiten des Neoliberalismus erzeugt. Sie konzentriert sich auf die Frage, wie dieser Vertrag, der ein neues Geschlechterregime hervorbringt, organisiert wird. Hierfür fokussiert sie vor allem popkulturelle Erzeugnisse wie Mode- und Frauenzeitschriften, zahlreiche Filme, Literatur und auf Frauen zugeschnittene Produkte, die sie als Medien versteht, die Frauen als explizit weibliche, leistungsorientierte Subjekte anrufen. Obwohl ihre Analyse auf Formaten aus Großbritannien fußt, ist eine Übertragung auf den deutschsprachigen Raum mühelos möglich.