Eine junge Frau, die sich April nennt und nur eines will: nach den Schrecken der Kindheit und einer Jugend ohne Jugend endlich ein selbstbestimmtes Leben führen. Am Anfang stehen ein einziger Koffer und ein Zimmer zur Untermiete im Leipzig der späten 70er-Jahre, am Ende ein Kind, die Ausreise nach Westberlin und ein Literaturstipendium. Dazwischen liegen Ausbrüche und Rückschläge, Glücksmomente und ein Selbstmordversuch, Rausch und Ernüchterung. Und die Erfahrung, dass es schwer ist, jemanden zu lieben, aber noch schwerer, sich lieben zu lassen. Beginnt nach solchen Erfahrungen endlich ein Leben in Sicherheit?
Angelika Klüssendorfs beeindruckender Roman stand wie sein Vorgänger 'Das Mädchen' auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Einfühlsam, doch ohne Pathos erzählt die Berliner Autorin von einem Weg aus der scheinbar auswegslosen Vergangenheit. Ein Meisterwerk.
Autor*in / Hrsg.: | Angelika Klüssendorf |
Belletristik: | zeitgenössischer Roman |
Weitere Informationen: | Fischer TB/Schatzinsel Bd. 3316 Umfang: 220 S. Einband: Kartoniert Format (T/L/B): 1.2 x 19.1 x 12.6 cm Gewicht: 173 g Erscheinungsdatum: 10.12.2015 ~ LESEPROBE ~ |
Rezension von Christina Mohr auf AVIVA-Berlin:
Vor zwei Jahren veröffentlichte Angelika Klüssendorf den so beklemmenden wie beeindruckenden Roman "Das Mädchen" - nun ist mit "April" die Fortsetzung erschienen, die eigentlich keine Fortsetzung ist, denn "April" kann im wahrsten Sinne des Wortes für sich alleine stehen."Das Mädchen" ist ein starkes, unbedingt lesenswertes Buch, als vorbereitende Lektüre aber nicht nötig, denn frau begreift sehr rasch die Lebensumstände der 18-jährigen, die sich ihren Namen nach einem Song von Deep Purple selbst gegeben hat.
April hat sich also "neu erfunden", wobei Autorin Klüssendorf eine so abgeschmackte Phrase nicht verwendet. Ohne Umschweife führt sie direkt ins Geschehen ein: Das junge Mädchen April bezieht ein Zimmer zur Untermiete bei einer skurrilen alten Frau. Das Zimmer wurde ihr von der Jugendhilfe zugewiesen, ebenso die Stelle als Bürohilfskraft. April war im Heim, hat ihre Ausbildung abgebrochen und damit wenig Auswahlmöglichkeiten. Es sind die späten 1970er Jahre in Leipzig, DDR.
Das einstige Mädchen zehrt von Erinnerungen an die alten FreundInnen aus dem Heim, die nicht in ihr neues Leben in der Stadt passen, neue Bekanntschaften nimmt April ohne große Erwartungen hin. Vor dem Hintergrund des real existierenden Sozialismus und der Verlockungen des Westens - Ausreiseanträge werden in großer Zahl gestellt - hat die Leserin teil an Aprils Leben, das von Klüssendorf nicht romanhaft durchdramatisiert wird. Geschehnisse werden lapidar geschildert, haben mal keine, mal starke Auswirkungen. Klüssendorf konstruiert keinen Spannungsbogen, sondern zeigt Momentaufnahmen, die sich zu einem Bild zusammenfügen.
Aprils familiärer Leidensweg - der Vater Trinker, die Mutter Sadistin - haben sie schlau und gleichgültig zugleich gemacht. Sie versucht, zurecht zu kommen, zu funktionieren und nimmt sich doch das Recht heraus, zu tun was sie will. April lebt in der Nacht und dämmert am Tage, macht Männerbekanntschaften, die zu verbissenen Kämpfen in ihrem Bett führen: sie ist neugierig und verängstigt zugleich, sucht Liebe und will nicht klein beigeben, wenn ein Mann sie als verführt glaubt.
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