Der sogenannte Gypsy-Style ist fest in unserem Alltag, vor allem in der Popkultur, verankert. In Musik, Film, Fernsehen, Literatur und Mode bedient man sich gerne bei alten und falschen Klischees, die den "Gypsys" zugeschrieben werden - sie versprechen Freiheit, Sinnlichkeit und Emotionen. "Everybody's Gypsy"? Jedenfalls manchmal. Dabei haben Sinti und Roma seit Jahrhunderten auf ganz unterschiedliche Weise unsere Kultur bereichert. Dotschy Reinhardt widmet sich diesen Phänomenen, hat Musiker, Filmemacher, Autoren und andere Kulturschaffende von Berlin bis New York besucht. Sie zeigt wie gelebte Erinnerung zukunftsweisend ist. Und warum man besser kein "Zigeunerschnitzel" bestellt.
Autor*in / Hrsg.: | Dotschy Reinhardt |
Kunst: | Tanz Musik Literatur Mode |
Medien: | Fernsehen Film |
Thema: | Sinti & Romni Frauen |
Weitere Informationen: | Umfang: 256 S. Einband: Gebunden Format (T/L/B) 2 x 21 x 12.9 cm Gewicht: 335 g Erscheinungsdatum: 07.04.2014 |
Rezension von Claire Horst auf AVIVA-Berlin:
Elvis Presley ist nicht nur Tankwart irgendwo im amerikanischen Westen, sondern auch ein "Black Dutch", stammt also von Sinti und Roma ab, die im 18. Jahrhundert nach Amerika ausgewandert waren.
Diese Legende um den "King" gehört zu den freundlicheren Geschichten, die über Sinti und Roma erzählt werden - und Dotschy Reinhardt ist Optimistin genug, um auch die amüsanten Seiten dieser Legendenbildung zu betrachten. Das allein ist schon eine beachtliche Leistung angesichts der grausamen Verfolgung und Verachtung, der diese Minderheit ausgesetzt war und ist.
Fast harmlos erscheint es im Hinblick auf die Ermordung hunderttausender Sinti und Roma in der NS-Zeit, wenn sie heute als "ZigeunerInnen" verachtet oder als "fahrendes Volk" romantisiert werden. Dass an diesen Bildern so wenig romantisch ist wie an der Bezeichnung eines panierten Stück Fleischs mit Paprika als "Zigeunerschnitzel", erläutert Dotschy Reinhard in ihrem sehr persönlich geschriebenen Buch.
Selbst Sinteza (sie ist verwandt mit dem legendären Jazz-Musiker Django Reinhardt), kennt die Musikerin und Sängerin Dotschy gängige Vorurteile und Stereotype nur zu gut. Auf ihren Besuchen bei kulturschaffenden Sinti und Roma geht sie gleich mehreren Fragen nach: Welche Spuren haben Sinti und Roma in der europäischen (Pop)Kultur hinterlassen? Und: Welchen Anfeindungen sind sie immer noch ausgesetzt?
Reinhardts Erzählstil ist dabei überhaupt nicht akademisch, sondern sie argumentiert aus dem Bauch heraus und immer aus ihrer subjektiven Perspektive. Gleich auf den ersten Seiten zeigt sie sehr nachvollziehbar, was sie zu diesem Buch inspiriert hat: die Wut darüber, wie beharrlich an überlieferten Vorurteilen festgehalten wird. Alle Sinti sind musikalisch? Quatsch - aber "großartige Kunst (hat) oftmals etwas mit Armut, Schicksalsschlägen, Unterdrückung und Grausamkeit zu tun". Und davon haben Sinti und Roma besonders in Deutschland reichlich erfahren.
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