Hass ist ein Gefühl, aber Frieden ist eine Entscheidung
Zuerst: Ein Hotel in Rom. Eine israelischpalästinensische Konferenz: Aber ist der Mann, der mit Lizzie auf dem Podium sitzt, nicht vielleicht doch ein arabischer Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürtel? Nein, Nadim pflegt nur seine Reiseunterlagen mit schwarzem Klebeband am Hosenbund zu befestigen, und dafür gibt es Gründe.
Dann: High Heels in Ost-Jerusalem? Ein Palästinenser im vornehmen Tel Aviver Apartmentgebäude? Von Anfang an ist es eine wechselvolle Freundschaft, die sich zwischen der israelischen Schriftstellerin Lizzie Doron und dem arabisch-palästinensischen Journalisten Nadim entwickelt, begleitet von Vorurteilen und Unverständnis. Es gibt Grenzen der Verständigung. Lizzie hat den Holocaust im Gepäck, Nadim die Nakba - die große Katastrophe -, wie die Palästinenser die Folgen des 48er-Krieges nennen. Sie begreifen, dass sie dieselbe Irrenanstalt bewohnen, nur in verschiedenen geschlossenen Abteilungen. Nadims Frau ist aus Gaza, hat aber keinen Ort, an dem sie bleiben kann.
Autor*in / Hrsg.: | Lizzie Doron |
Land im Fokus: | Israel |
Details: | Übersetzt von: Mirjam Pressler Umfang: 264 S. Einband: Kartoniert Format (T/L/B): 2 x 19.2 x 12 cm Gewicht: 253 g Erscheinungsdatum: 19.02.2016 ~ LESEPROBE ~ |
Die israelische Schriftstellerin, die sich in ihren Werken wie "Ruhige Zeiten" und "Das Schweigen meiner Mutter" literarisch vor allem mit der Auseinandersetzung um die Traumata der Shoah-Überlebenden und der 2. Generation im Israel der 1950er Jahre verdient gemacht hat, erzählt in ihrer aktuellen Veröffentlichung von der problematischen Freundschaft einer Israelin aus Tel Aviv (Lizzie Doron) mit einem in Ost-Jerusalem lebenden Palästinenser (fiktiv: Nadim Abu Heni).
Lizzie Doron und ihr bereits im Februar 2015 bei dtv erschienenes Buch "Who the Fuck Is Kafka?" bekommt in diesen Tagen die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Die Schriftstellerin und Friedensaktivistin war Gast auf dem "Blauen Sofa" der Leipziger Buchmesse, ist in Interviews mit Deutschlandradio Kultur oder dem ARD zu hören und zu sehen. Kaum ein Medium, das dieses Thema nicht aufgegriffen hat. Kein Wunder, denn die Brisanz dieser Konstellation beschäftigt jüdische wie nicht-jüdische Medien gleichermaßen.
Doron erzählt von einer Freundschaft, die von Problemen belastet, aber dennoch intensiv und geprägt von Neugier auf die bzw. den anderen ist. Eine Freundschaft, die im italienischen Cinecittà ihren Anfang nahm, durch die Einladung einer Organisation, die israelische und palästinensische Friedensaktivist_innen zu einem dreitägigen Kongress eingeladen hatte. Aus drei Tagen wurden drei Jahre, in denen sich die Schriftstellerin und der Filmemacher miteinander auseinandersetzen und versuchen zu verstehen. Versuchen, einen Weg zu finden, auch wenn es schwierig ist. Und in dessen Mittelpunkt ein gemeinsames Projekt steht, ein Film und ein Buch ? über das Leben des jeweils Anderen.
Besuche in Tel Aviv und Ost-Jerusalem wechseln sich ab, Treffen werden arrangiert und kurzfristig gecancelt, je nach politischer Situation, die alles bestimmt. Auch die Freundschaft der beiden, die sich dann doch bei Kaffee, Rührei oder Maqluba über alle Schwierigkeiten hinweg vorsichtig entwickelt.
Denn was für den einen Besatzung ist, stellt für die andere die tägliche Bedrohung durch Terroranschläge dar.
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