Rezension zu: Bine Holm: Binewindbraut. Wie verlasse ich meinen Mann

09.10.2013 19:11

Dieses Buch liest sich wie ein Spaziergang am Meer. Kein solches Meer, an dem sich Liegestuhl an Liegestuhl reiht und lärmende Kinder zwischen Eisverkäufern herum springen, während die Sonne herunter prasselt. - Nein, dieses Meer ist wild und spritzt einem die Gischt ins Gesicht, während frau auf rauen Felsen entlang klettert, gesättigt und erfüllt von dem Gefühl, nichts weiter zu benötigen im Leben als diesen Moment.

Gleichzeitig lauern Gefahren: Frau könnte an den nassen Felsen abrutschen, sich verletzen oder ins Meer fallen. Oder es erscheint plötzlich eine schöne Mannsgestalt, reißt Frau aus ihrer selbstgenügsamen Einsamkeit und bricht ihr das Herz.

So ist es Bine Holm ergangen. Sie präsentiert sich zunächst als abenteuerfreudige und unabhängige Frau. Sie liebt das wilde Meer, das Reisen und das einfache Leben in der Natur und findet all dies im Aussteigergriechenland der 80er Jahre. Dort lernt sie auch ihren langjährigen Partner kennen - und dieser entfremdet sie 10 Jahre von sich selbst.

Es erstaunt, weshalb gerade sie in emotionale und finanzielle Abhängigkeit zu einem Mann geraten konnte, gekettet an Haus und Garten durch die gemeinsame Tochter. Die von ihr beschriebenen Gründe werden jedoch vielen Frauen bekannt vorkommen: kein eigenes Einkommen; fehlendes Selbstvertrauen, allein zurecht zu kommen; die Macht der Gewohnheit; die stete Hoffnung, dass alles doch noch besser wird … Richtigerweise hätte der Untertitel des Buches deshalb auch nicht „Wie verlasse ich meinen Mann“, sondern „10 Gründe bei meinem Mann zu bleiben, auch wenn dieser ein Arschloch ist“ heißen sollen.

Dass sie den Abschied letztendlich schafft, weiß der/die Leser*in bereits am Anfang des Buches und muss dennoch erzählte zehn Jahre lang darauf warten. Unterhaltsam ist dies dennoch zu lesen, denn Bine Holm und ihr (Ex)Mann führten ein nicht genormtes, unstetes Leben mit Stationen auf griechischen Urlauberinseln und in Großbritannien. Die Jobs wechselten so schnell wie die jeweiligen Behausungen und die Zukunftspläne, nur die chronische Geldknappheit war die einzige Konstante. Wer immer davon träumte, sich mit Gelegenheitsjobs und ohne große Ansprüche durch die Welt zu schlagen, wird in dieser kleinen Traveller- und Aussteigergeschichte Freude und Erkenntnis finden.

Über ihr Leben nach der Trennung erfährt man dagegen nichts. Diese gestaltete sich ohne größere Hürden und am Ende präsentiert sich Bine Holm wieder so frei und unabhängig wie vor der erdrückenden Langzeitbeziehung. Die unkomplizierte Abnabelung verstärkt erneut die Irritation auf Seiten des/der Leser*in, denn wenn das Alleine-auf-sich-gestellt-sein so problemlos ist, weshalb hat sie dann 10 Jahre zu diesem Schritt gebraucht? Vielleicht aber ist das die Lektion, die Bine Holm anderen mitgeben möchte: Trennungen sind nicht schlimm und danach wird alles besser.

Denjenigen Frauen, die in unbefriedigenden Partnerschaften fest hängen, kann dieses Buch Trost oder Ansporn zur Veränderung sein. Zum Umgang mit der Zeit nach einer Trennung bietet das Buch jedoch keinerlei Hilfestellung.

Doreen Heide, FEMBooks


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