Rezension "Prinz_essin?" von Rabea-Jasmin Usling, Linette Weiß

07.04.2020 21:49

Das in dem kleinen chili Verlag veröffentlichte Kinderbuch überrascht mit einem ungewöhnlichen Trans*-Märchen.

"Es war einmal ein wunderschöner Prinz, der war so glücklich, dass er nach
den Sternen greifen wollte. Er hatte eine Familie, die ihn liebte, und einen Hund, der sein bester Freund war.
Er hatte nur ein Problem: Alle dachten, er sei eine Prinzessin!"

Es heißt also nicht „Es war einmal eine Prinzessin, die viel lieber ein Prinz sein wollte.“
Somit wird gleich zu Beginn deutlich, dass die Empfindung transidenter Menschen ernst genommen wird. Die Autorin hat erkannt, dass diese nicht plötzlich ihre Genderidentität ‚wechseln‘ möchten, sondern sich immer schon in der anderen als der ihnen zugewiesenen Identität gesehen haben.

Der Prinz ist sehr unglücklich mit seinen Kleidern und langen Zöpfen, vor allem aber damit, sich nirgends zugehörig und anerkannt zu fühlen – weder bei den Mädchen noch den Jungen in seinem Alter.

Da er es in dieser Welt nicht mehr aushält, läuft er weg und landet in einem dunklen, unheimlichen Wald. Er verläuft sich und findet nicht mehr zurück. Das alles erinnert an das Märchen von „Hänsel und Gretel“ und tatsächlich trifft er im Wald auf ein verwunschenes Häuschen, in dem ein Zauberer wohnt. Anders als im Grimmschen Märchen hat dieser aber ganz und gar nicht die Absicht, den kleinen Prinzen zu verspeisen. (Ohnehin bin ich der Meinung, dass die Hexe von Hänsel und Gretel ein positive Überarbeitung verdient, schließlich hat sie den Kindern über den harten Winter geholfen.)

In der Hütte des Zauberers bekommt der Prinz so auch warmen Kakao und Kekse – vor allen Dingen aber jemanden, der endlich mal zuhört und ihn versteht. Überhaupt sieht der Zauberer jetzt mehr aus wie eine Frau, scheint sich also mit äußerer Verwandlung bestens auszukennen. „Die Form ist ja auch egal, das Innere bleibt gleich, nicht wahr?“, sagt er*sie*es.

Zauber*in zaubert dem Prinzen prompt auch Hemd und Hose an den Körper, aber so einfach ist es für transidente Menschen natürlich auch nicht. „Niemand wird mich so mögen.“, sagt der Prinz weinend. „Alle werden sagen: Warum trägt die Prinzessin denn Hemd und Hose?“
Daraufhin gibt Hexe/Zauber*in dem Prinzen den einfachen Rat, mit seinen Eltern zu reden sowie ein kleines Fläschchen mit MUT. Nachdem der Prinz die Flüssigkeit ausgetrunken hat, macht er sich gestärkt auf den Heimweg.

Einige Wochen später kommt der Prinz zurück, um sich für den Zaubertrank zu bedanken und erfährt die große Überraschung: In der Flasche war nur Wasser. Es war sein eigener Mut, der alle anderen dazu gebracht hat, ihn als Prinzen anzuerkennen. Eine schöne Botschaft – nicht nur für transidente Kinder.

Besonders gelungen ist auch die Schrift, die mit kleinen Schnörkeln und Herzchen versehen ist – einfach märchenhaft!

Doreen Heide, FEMBooks

» zur Hardcover-Ausgabe des Buches für 18,00 €

» zur Softcover-Ausgabe des Buches für 12,90 €


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